Im Augenblick reißen sich die Nah-Ost-Expert*innen aller Col-leur um die Mikrophone bei den öffentlich rechtlichen Sende-anstalten und sind sich einig, dass zum gegenwärtigen Zeit-punkt mitnichten angenommen werden kann, dass die für Menschen in Syrien bis dato bestandenen Verfolgungsrisiken und und ihnen drohende Gefahren für Leib, Leben und Freiheit mit der Vertreibung des Diktators ins Exil beendet sind. Nicht nur die Häscher des alten Systems sind noch im Land und wer-den sich neu formieren. Auch sind im Land unterschiedlichste Milizen hochgerüstet unterwegs, von denen nicht ohne Weite-res angenommen werden kann, dass sie sich untereinander ohne Reibungsverluste die Macht teilen werden. Ob der künf-tige Staat Syrien ein restriktives islamistisches Gebilde wird, ein anderes autokratisches System entsteht - siehe das nach-revolutionäre Ägypten und Tunesien - oder ein säkularer Staat unter Beteiligung aller Religions- und ethnischen Gruppen entsteht, ist längst nicht ausgemacht.
Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des BAMF, jetzt einen Entscheidungsstopp bei syrischen Asylverfahren zu verfügen, ausgesprochen kurzsichtig und destruktiv.
Denn das ZDF vermeldet:
"Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) reagiert auf den Sturz von Diktator Baschar Al-Assad. Vorerst werde es keine Entscheidungen über Asylanträge von Syrern geben."
Auch Amnesty International ist besorgt:
Pressemitteilung
Deutschland: BAMF darf Asylverfahren von Syrer*innen nicht aussetzen
BERLIN, 09.12.2024 Zur Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Asylanträge von Syrer*innen nicht mehr zu bearbeiten, sagt Franziska Vilmar, Expertin für Asyl und Menschenrechte bei Amnesty International in Deutschland:
"Dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge heute einen Entscheidungsstopp für laufende Asylverfahren von Syrer*innen verhängt hat, ist das völlig falsche Signal. Fast 50.000 Menschen sind davon aktuell betroffen. Bis das BAMF gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt seine Entscheidungspraxis an die neue Lage anpassen kann, dürfen Schutzsuchende nicht mit Unsicherheit und Perspektivlosigkeit alleingelassen werden."
"Viele Menschen, die vor Folter, Mord und Krieg in Syrien ge-flohen sind, schöpfen gerade vorsichtig Hoffnung. Allerdings ist die Menschenrechtslage im Land völlig unübersichtlich. Weitere politische Entwicklungen müssen zunächst abge-wartet und beobachtet werden. Das braucht Zeit. Aber den Preis dafür dürfen nicht diejenigen zahlen, die seit Jahren versuchen, sich ein neues Leben aufzubauen. Den For-derungen nach schnellen Abschiebungen oder der Aussetzung des Familiennachzugs erteilen wir eine klare Absage."
(Quelle: frsh.de)