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"Aushöhlung des Asylrechts": NGOs in Südosteuropa warnen vereint vor fatalen Folgen der GEAS-Reformvorhaben

Bild: pixabay.com
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Initiativen und Netzwerke aus Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Serbien warnen vor einem drohenden Abbau der Men-schenrechte und einer Legalisierung von Rechtsbrüchen an Menschen auf der Flucht.

 

Es ist nicht mehr viel Zeit: Anfang dieser Woche soll bereits im

 EU-Parlament über die Reform des Gemeinsamen Asylsys-tems diskutiert werden, dann droht das Ende der Einzelfall-prüfung und der individuellen Asylverfahren - einem Kern-stück des Asylrechts.

 

Entlang der "Balkanroute" könnte das schwerwiegende menschenrechtliche Konsequenzen mit sich bringen: Insgesamt 20 Menschenrechts-NGOs, die in Südosteuropa

 tätig sind, warnen in einem gemeinsamen Statement vor den

schwerwiegenden menschenrechtlichen Folgen und der Zunahme an Pushbacks und Kollektivausweisungen, die das Gemeinsame Europäische Asylsystem mit sich bringen könnte.

 

Sie fordern, dass Pushbacks nicht legalisiert werden dürfen, dass die Menschenrechte geschützt werden müssen und dass

die Abschottungspolitik der EU-Drittstaaten nicht aufgezwun-gen werden darf.

 

Seit Jahren nutzt die Europäische Union ihre Nachbarländer, um ihre Migrations- und Grenzpolitik im Gegenzug für Visa-liberalisierungen, finanzielle Zuwendungen und Beitritts-perspektiven auszulagern. Die nun geplanten Reformen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) werden diese von Ausbeutung und politischem Druck geprägte Beziehung noch verstärken.

 

"Serbien ist ein guter Partner der EU, und unsere Regierung wird alles unterschreiben, was verlangt wird und was nötig ist. Sie hat die Aufgabe, die Menschen auf der Flucht hier zu halten und die Menschen daran zu hindern, weiter in die EU zu gehen", betont Milica Svabic von der serbischen NGO KlikAktiv - Center for Development of Social Policies.

 

Durch die Forcierung und vermehrte Anwendung von Rück-übernahmeabkommen mit Serbien und Bosnien-Herzegowina mit EU-Ländern, sind Menschen auf der Flucht einem stärke-ren Risiko von Kettenabschiebungen ausgesetzt, ohne die Möglichkeit eines Asylverfahrens zu haben. Das völkerrecht-lich verankerte Prinzip des Non-Refoulement wird so umgan-gen.

 

Sanela Lepirica von der bosnischen NGO Daily Integration Center INTERGreat berichtet, dass: "Von Januar bis Mai dieses Jahres 5.000 Menschen im Rahmen eines Rückübernahme-abkommens von Kroatien nach Bosnien-Herzegowina abge-schoben. Es bestehen begründete Zweifel daran, dass diese Rückübernahmen nach den erforderlichen rechtlichen und administrativen Verfahren erfolgt sind."

 

Bereits jetzt sitzen die Menschen meist ohne effektiven Zu-gang zu Asyl, angemessenem Schutz, adäquater medizini-scher Behandlung und Rechtsbeistand unter menschenun-würdigen Bedingungen oft über Monate bis Jahre an der EU-Außengrenze fest. Der Druck der EU und die Reform verstärken die Gewalt. Auch Sara Keku vom Centre for Peace Studies in Zagreb beobachtet in Kroatien bereits die ersten negativen Veränderungen auf Grund der geplanten Reform und zeigt den direkten Zusammenhang auf:

 

"Im Jahr 2023 wurden mehr als 3000 Menschen von Kroatien zurück gepusht und auch die Intensität und die Gewalt nahmen seit Oktober zu, nachdem die EU Druck auf Kroatien in Bezug auf das Grenzmanagement ausgeübt hatte."

 

Sie verweist auf den Bau neuer Zentren, vermehrter Dublin-Abschiebungen nach Kroatien und der Reaktivierung von Rücknahmeabkommen mit Nachbarländern. Zugleich stellt sie in Frage, ob die Rückführungen, welche auf Grundlage der Rücknahmeabkommen stattgefunden haben, rechtmäßig

waren und bemängelt, dass die zurückgeführten Menschen - darunter  zahlreiche minderjährige Kindern die Chance -um Asyl anzusuchen - verwehrt wurde.

 

Die geplante Reform sieht auch Grenzverfahren und Haftan-stalten an den EU-Grenzen vor. Die deutsch Organisation Pro Asyl errechnete, dass bis zu 120.000 Menschen jährlich an den EU-Außengrenzen festgehalten werden könnten. Darunter auch Kinder und Familien. Ein großer Anteil von Menschen auf der Flucht entlang der Balkanroute ist minderjährig. Die Krimi-nalisierung und auch die Inhaftierung von Schutzsuchenden widersprechen menschrechtlichen und europäischen Grund-prinzipien. Die Inbetriebnahme des Pilotprojekt der Haftan-stalten - des illegal erbauten Gefängnistrakts im Camp Lipa - konnte auf Grund des gemeinsamen transnationalen Protests der Zivilgesellschaft verhindert werden.

 

Die Unterzeichner:innen des gemeinsamen Statements: Balkanbrücke (Deutschland), SOS Balkanroute (Österreich), KlikAktiv (Serbien) und das tägliche Integrationszentrum INTERGreat (Bosnien-Herzegowina), Border Violence Monitoring (10 Organisationen aus ganz Europa), frach-collective (Deutschland), Compass071 (Bosnien-Herzego-wina), Blindspots (Deutschland) und Centre for Peace Studies (Kroatien) fordern daher die EU auf:

 

"Stellen Sie sicher, dass Rückübernahmeabkommen nicht für eine Legalisierung von rechtswidrigen Pushbacks missbraucht werden. Wir fordern, dass das völkerrechtliche Verbot der Nichtzurückweisung als unantastbarer Grundsatz der interna-tionalen Menschenrechtsgesetzgebung beachtet wird. Die Mitgliedstaaten dürfen Drittstaatsangehörige, die internatio-nalen Schutzes bedürfen, nicht in Drittstaaten zurückschicken, sondern sind gesetzlich verpflichtet, die Begründetheit ihrer Asylanträge zu prüfen.

 

Die EU muss zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie finanziellen Druck, Visapolitik und die Aussicht auf eine EU-Mitgliedschaft nutzt, um ihre eigenen Asylverpflichtungen auf die Staaten in den Grenzregionen zu übertragen und so die Flucht in die EU zu verhindern.

 

Stellen Sie sicher, dass Asylverfahren und die Versorgung von

 Schutzsuchenden den höchsten rechtlichen Standards der EU im Bereich der Menschenrechte - der Europäischen Menschen-rechtskonvention (EMRK), der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und anderen UN-Konventionen - entsprechen und nicht ausgelagert werden.

 

Wir fordern Europa auf Brücken zu bauen! Stoppen Sie die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems!"

 

Das ausführliche Statement finden Sie hier.

 

(Quelle: fluechtlingsrat-lsa.de)


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