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Diakonie-Statement und Faktenchecks zur Bezahlkarte

Bild: pixabay.com
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Der Faktencheck Bezahlkarte

 

Die Einführung einer Bezahlkarte birgt die Gefahr der Entmün-digung der Betroffenen, der Verhinderung einer sparsamen und selbstbestimmten Lebensführung und der gleichberech-tigten Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben. Hohe Ein-führungs- und Unterhaltungskosten, Gebühren für die Nutzung und bürokratischer Aufwand lassen sehr fraglich erscheinen, ob die Bezahlkarte tatsächlich die Kommunen entlastet. Zudem wird gezeigt, dass Sozialleistungen weder in nennenswertem Umfang in Herkunftsländer gesendet werden und Schlepperkosten davon nicht bezahlt werden können. Auch sind die Leistungen so gut wie nicht relevant sind für die Entscheidung, nach Europa und Deutschland zu fliehen, son-dern die Rechtssicherheit und die Aussicht auf ein faires Asyl-verfahren sind vorrangige Gründe.

 

Mehr Infos dazu finden Sie hier.

 

Position der Diakonie Deutschland zur Bezahlkarte

 

Eine Bezahlkarte für Personen im Asylbewerberleistungs-gesetz (AsylbLG) kann sinnvoll und diskriminierungsfrei in der Phase der Erstaufnahme für Asylsuchende eingesetzt werden, solange noch kein Konto vorhanden ist. Dies ist laut Beschluss der Ministerpräsident:innenkonferenz vom 6. November 2023 aber nicht beabsichtigt. Ziel der bundesweiten Einführung ist es vielmehr, die Bezahlkarte auch über die Zeit der Erstauf-nahme hinaus einzusetzen und Barauszahlungen für die Leis-tungsempfängerinnen und Leistungsempfänger einzuschrän-ken. Darüber hinaus wird geäußert, durch die Bezahlkarte solle verhindert werden, dass „Flüchtlinge Geld an Schlepper oder an ihre Familie oder Freunde ins Ausland überweisen". Ebenso würde mit einer erheblichen Zahl von Asylbewerbern gerechnet, „die ausreisen werden, weil unser Sozialstaat plötzlich nicht mehr so attraktiv sei“. Zudem solle die Bezahl-karte die kommunale Verwaltung entlasten.

 

Zusammenfassend stellt die Diakonie Deutschland folgendes fest:

 

Die Bezahlkarte soll die Bargeldauszahlung beschränken und keine Kontofunktion haben, das heißt, Überweisungen und Lastschriften sind ausgeschlossen und der Einkauf kann auf bestimmte Händlergruppen und PLZ-Bereiche beschränkt werden. Dies führt aus Sicht der Diakonie Deutschland zu einer Entmündigung der Betroffenen, verhindert eine spar-same und selbstwirksame Lebensgestaltung sowie die Teilha-be am sozialen und kulturellen Leben.

 

Es ist nicht belegt, dass Höhe und Art von Sozialleistungen Auswirkungen darauf haben, dass Menschen Schutz in Deutschland suchen. Die hohen Anerkennungsquoten zeigen vielmehr, dass die meisten Personen tatsächlich schutzbe-dürftig sind. Die Sozialleistungen sind kein entscheidender Faktor für ihre Migration. Ebenso finden Überweisungen in Herkunftsländer erst in nennenswertem Umfang bei Erwerbs-tätigkeit statt – vor allem zur Unterstützung notleidender Familienmitglieder (siehe Faktencheck).

 

Eine Überweisung von Sozialleistungen auf ein normales Kon-to minimiert den Verwaltungsaufwand der Kommunen genau-so wie das Aufladen einer Bezahlkarte. Die nun geplante Be-zahlkarte ist hingegen mit hohen Einführungs- und System-kosten sowie Gebühren verbunden.

 

Die Diakonie Deutschland fordert daher Bund, Länder und Kommunen auf, wenn überhaupt, die Bezahlkarte so zu gestalten, dass sie sinnvoll und diskriminierungsfrei eingesetzt wird.

 

Forderungen an die Ministerpräsident:innenkonferenz und den Bundesgesetzgeber:

 

1. Es sind keine Änderungen am AsylbLG erforderlich. Die Bezahlkarte ist für die anfänglichen Grundleistungen schon jetzt ohne Gesetzesänderung einführbar.

 

In Erstaufnahmeeinrichtungen besteht Sachleistungsvorrang, auch außerhalb sind die Grundleistungen als „unbare Abrech-nung” möglich. Einige Kommunen und Bundesländer setzen bereits die Bezahlkarte ein. Die Zeitspanne für die gegenüber der deutschen Sozialhilfe reduzierten Grundleistungen ab An-kunft in Deutschland ist gerade von 18 auf 36 Monate ausge-weitet worden. Diese Ausweitung ist verfassungsrechtlich fraglich. Das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts von 2012 hält eine begründete Reduzierung des Existenz-minimums nur bei Kurzaufenthalten für legitim.

 

2. Spätestens ab der Zuweisung in die Kommunen muss ein eigenes Bankkonto die Bezahlkarte ablösen und ist stets zu bevorzugen.

 

Die Bezahlkarte sollte – wenn überhaupt – nur in der Phase der Erstaufnahme eingesetzt werden, solange noch kein Konto eröffnet werden kann. Seit 2016 können auch Personen mit einem Ankunftsnachweis, einer Aufenthaltsgestattung und mit einer Duldung ein Basiskonto eröffnen. Das sogenannte „Konto für Jedermann“ ist eine große sozialpolitische Errun-genschaft in Deutschland und der Europäischen Union, die erfolgreich in der Praxis angekommen ist. Ein Konto ist Vo-raussetzung für Arbeit und Ausbildung und ermöglicht die vollständige Teilnahme am wirtschaftlichen und sozialen Leben in der heutigen Gesellschaft.

 

3. Die geplante gesetzliche Erweiterung der Bezahlkarte auf Personen, die länger als 36 Monate Leistungen im AsylbLG beziehen, ist strikt abzulehnen.

 

Um die Bezahlkarte auch bei den sogenannten Analogleistun-gen nach 36 Monaten Aufenthalt in Deutschland einzusetzen, wäre eine Verschärfung von § 2 AsylbLG erforderlich. Denn nach 36 Monaten werden Leistungen in der Höhe der norma-len Sozialhilfe gezahlt. Im allgemeinen Sozialleistungsrecht gilt aber der Vorrang von Geldleistungen. Nach drei Jahren besitzen alle Leistungsempfänger:innen im AsylbLG jedenfalls ein eigenes Konto und eine Bezahlkarte ist obsolet.

 

Checkliste zum Basiskonto

 

Seit das Basiskonto für alle eingeführt wurde, haben auch Personen ohne festen Wohnsitz, Asylsuchende und Geduldete einen Rechtsanspruch auf ein Konto.

 

Die Checkliste finden Sie hier.

 

(Quelle: Diakonie.de)

 

 


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