PRO ASYL und Hessischer Flüchtlingsrat fordern sofortige
Zurückholung der Frau nach Deutschland zu ihrem hier lebenden Bruder.
Aussetzung des Flughafenverfahrens angemahnt.
Am Flughafen Frankfurt kam es in der vergangenen Woche, nur kurz nachdem ein iranischer Asylsuchender im Schnellverfahren abgelehnt und trotz des bestehenden bundesweiten Abschiebungsstopps in den Iran abgeschoben wurde, zu einer weiteren skandalösen Abschiebung. Diesmal betraf es eine afghanische Antragstellerin, die mit einem iranischen Pass einreisen wollte. In der Anhörung berichtete sie wahrheitsgemäß nur über ihre Fluchtgründe aus Afghanistan, da sie sich nur kurz im Iran aufgehalten hatte. Daraufhin wurde sie aufgrund des vorgelegten iranischen Passes vom Bundesamt im Rahmen des Flughafenverfahrens für unglaubwürdig erklärt, als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt und umgehend wieder in den Iran zurückgewiesen. Von dort wurde sie von den iranischen Behörden umgehend nach Afghanistan abgeschoben.
Besonders absurd: Anfangs wurde sie von der Bundespolizei und auch dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unter ihren richtigen, afghanischen Personalien, geführt. Erst nachdem die Bundespolizei den iranischen Pass, mit dem sie einreisen wollte, für „echt“ und nur das in dem Pass befindliche Visum für falsch erklärt hatte, wurde ihr die iranische Identität des Passes zugewiesen und sie fortan als Iranerin behandelt. Weder eine Bestätigung des afghanischen Generalkonsulats in Bonn über ihre richtige Identität noch eine Eidesstattliche Erklärung ihres in Deutschland lebenden Bruders konnten die Behörden umstimmen – der reale Mensch wurde auf ein simples Anhängsel eines Passes reduziert. Ihr Bruder, deutscher Staatsangehöriger, versuchte verzweifelt, die Behörden von diesem Handeln abzubringen, doch vergeblich.
„Wie kann es sein, dass Deutschland offiziell weder nach Afghanistan noch in den Iran abschiebt und jetzt aber eine afghanische Frau von Deutschland aus über den Iran nach Afghanistan abgeschoben wurde? Das ist ein Totalversagen des Bundesamtes und des zuständigen Verwaltungsgerichtes mit dramatischer Konsequenz, für das auch das Bundesinnenministerium die Verantwortung trägt“, empörte sich Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL. „Als unverheiratete Frau ist sie nun erneut der Willkür der Taliban ausgeliefert – und Deutschland ist dafür verantwortlich. Wir appellieren an Innenministerin Nancy Faeser, diese krasse Fehlentscheidung ihres Ministeriums rückgängig zu machen und die Frau umgehend nach Deutschland zurückzuholen.“
Das Flughafenverfahren ist ein Sonderverfahren, welches nur bei Personen angewandt wird, die an einem Flughafen ohne gültige Einreisepapiere ankommen und dort um Asyl nachsuchen. Dabei werden die Asylanträge in einem Schnellverfahren geprüft. Wenn das Bundesamt sie innerhalb von zwei Tagen als offensichtlich unbegründet ablehnt, wird den betroffenen Personen die Einreise verweigert, ansonsten werden sie in eine Aufnahmeeinrichtung weitergeleitet. Im Jahr 2022 wurden an deutschen Flughäfen insgesamt 347 solcher Sonderverfahren durchgeführt, davon wurde in 120 Fällen der Antrag innerhalb von 2 Tagen abgelehnt.
„Erneut zeigen sich die eklatanten Mängel im deutschen Flughafenverfahren. Es ist ein spezielles Verfahren, nur darauf ausgerichtet, Menschen als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Es werden Einrichtungen und Personal vorgehalten, es entstehen Kosten in Millionenhöhe, und das nur, damit im letzten Jahr 120 Menschen der Zugang zum regulären Asylverfahren verwehrt werden konnte – bei 217.774 Asylanträgen bundesweit. Und dann kommt es auch noch zu solchen krassen Fehlentscheidungen. Dieses Verfahren gehört ersatzlos abgeschafft. In einem ersten Schritt muss das Bundesamt angewiesen werden, bis auf weiteres keine „offensichtlich unbegründet“-Ablehnungen mehr im Schnellverfahren zu erlassen und die Schutzsuchenden einreisen zu lassen, damit ihre Asylanträge im Inland sorgfältig geprüft werden können“, forderte Timmo Scherenberg, Geschäftsführer des Hessischen Flüchtlingsrates abschließend in Frankfurt.
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