Anlässlich des diesjährigen Weltflüchtlingstags (20. Juni) fordert die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) die Bundesregierung auf, sich im Europäischen Parlament für deutliche Verbesserungen der jüngst von den EU-Innenministerinnen und -ministern beschlossenen massiven Einschränkungen des Flüchtlingsrechts einzusetzen. Der EKD-Flüchtlingsbeauftragte, Bischof Christian Stäblein, betont die Dringlichkeit des Anliegens: „Wir drängen auf die Rückkehr zu einer menschenrechtsbasierten Flüchtlingspolitik, die den Zugang zu fairen Asylverfahren garantiert und Schutzsuchenden legale Wege ermöglicht, ihr Leben zu retten. Haftanstalten an den EU-Außengrenzen und die Abschiebung in vermeintlich sichere Drittstaaten gehören nicht dazu.“
Mit einer heute vorgestellten Neuauflage der 2017 erstmals veröffentlichten „Zehn Überzeugungen zu Flucht und Integration aus evangelischer Sicht“ will die EKD in den aktuellen Debatten um das europäische Asylrecht den Flüchtlingsschutz und die Aufnahme von Schutzsuchenden Orientierung geben.
„Bei der Aktualisierung des Textes haben wir festgestellt, wie dramatisch sich die Situation innerhalb der letzten sechs Jahre geändert hat: Heute sind mit 103 Millionen Menschen 38 Millionen mehr Menschen gezwungen, zu fliehen“, so Stäblein. Zudem seien auch weitere Fluchtursachen hinzugekommen: So habe der Krieg in der Ukraine viele Menschen zur Flucht gezwungen und die Auswirkungen des Klimawandels würden immer dramatischer. Der Kampf um lebenswichtige Ressourcen wie Wasser und fruchtbares Land führe zunehmend zu Konflikten und Gewalt. „Überleben geht nur gemeinsam, gerechte Gemeinschaft geht nur global, wir sind eine Welt“- das steht für Bischof Stäblein ebenso außer Frage, wie die Überzeugung, dass Familien zusammengehörten und das Recht auf Familiennachzug gewährt werden müsse, damit Menschen gut in der neuen Heimat ankommen könnten.
Auch zur Unterbringung von Geflüchteten bezieht die Neuauflage der „Zehn Überzeugungen“ Stellung: Menschen brauchen nicht nur Wohnraum, sondern auch Zugang zu Schulen, Krankenhäusern und Arbeitsmöglichkeiten. Von einer Stärkung dieser Infrastruktur profitieren alle – die Zugewanderten und die aufnehmende Gesellschaft. „Wie gute Aufnahme gehen kann, sehen wir am Beispiel der ukrainischen Geflüchteten. Allein Deutschland hat mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine aufgenommen. Und das haben wir auch dem unermüdlichen Einsatz von unzähligen Ehrenamtlichen zu verdanken“, so Stäblein.
Jede der zehn Überzeugungen wird auf einen biblischen Text bezogen, dabei wird deutlich, wie sehr die Erzählungen der Bibel von den Erfahrungen von Migration geprägt sind. Es klingen unterschiedliche Aspekte von Ankunft und Aufnahme an und zugleich werden die Sorgen um Überforderung ernst genommen. „Unser Glaube gibt Mut, große Herausforderungen anzunehmen und der Wirklichkeit ins Gesicht zu sehen, anstatt sie zu verleugnen oder zu verdrängen“, sagt Stäblein.
(Quelle: Ekd.de)