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Pro-Asyl-Mitgründer Kauffmann: Neue Abschieberegeln sind ein Skandal

Bild: pixabay.com
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Heiko Kauffmann ist schockiert, empört, fassungslos. Zwischen Tür und Angel, Handwerkern und seiner zu betreuenden Flüchtlingsgruppe findet der Mitgründer und langjähriger Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge von Pro Asyl trotzdem Zeit für ein Interview über die verschärften Abschieberegeln, die das Bundeskabinett heute (27.10.2023) gebilligt hat. „Weil mir das Thema so wichtig ist“, betont der Pädagoge aus Tribsees in Mecklenburg-Vorpommern. Als „skandalös“ bezeichnet er die Gesetzespläne der Ampel.

 

Ausgerechnet die Regierung, die für Fortschritt, Respekt und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stehen sollte, bewirke mit den neuen Regelungen zur Abschiebepraxis das genaue Gegenteil, ist Kauffmann überzeugt. Ganz bewusst heizten die Politikerinnen und Politiker damit die Stimmung im Land weiter auf. In Deutschland läuft mit den höheren Flüchtlings-zahlen die Debatte über Asyl und Migration derzeit auch Hochtouren.

 

Der frühere Inlandreferent des Kinderhilfswerks Terre des Hommes in Osnabrück und Aachener Friedenspreisträger fühlt sich zurückversetzt in die 90er-Jahre. „Die Politik macht gerade die gleichen Fehler wie damals“. Als Beispiele nennt Kauffmann die Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen von 1992 und den Brandanschlag in Solingen am 29. Mai 1993. Den Menschen würde vorgegaukelt, dass mit einfachen Lösungen alle Probleme verschwinden würden.

 

 Unter Druck „zündelnder Politiker“ habe sich die Regierung auf die Neu-Regelung geeinigt. Namentlich nennt Kauffmann Friedrich Merz, Carsten Linnemann und Jens Spahn (alle CDU). Mit „dümmlichen Aussagen“ wie von diesen Politikern würde man der AfD in die Karten spielen. Gerade Spahns Aussage, man müsse „irreguläre Migrationsbewegungen“ gegebenen-falls „mit physischer Gewalt“ aufhalten, sei für den Aktivist offener Rassismus. Dem müsse eigentlich strafrechtlich nachgegangen werden.

 

Was ist das für eine Entfernung der Willkommenskultur von 2015!“, stellt Kauffmann fest, der seit 40 Jahren in der Flüchtlingsarbeit aktiv ist. Die vergangenen Jahre hätten die Menschen verstanden, dass Flüchtlinge gefährdet und nicht gefährlich seien. Gegenüber ukrainischen Flüchtlingen gab es eine große Hilfsbereitschaft. Doch nun könnte sich das Blatt wenden, befürchtet Kauffmann. Viele Flüchtlinge würden bereits jetzt Rassismus im Alltag erfahren.

 

Je härter der Kurs gegen Flüchtlinge wird, je brutaler Abschiebungen werden, desto mehr polarisiert sich die Gesellschaft, desto mehr wird die Feindschaft gegenüber Flüchtlingen verschärft“. Mit Sorge blickt Kauffmann dabei auch auf die aufheizte Stimmung und den steigenden Antisemitismus in Deutschland nach dem Angriff der Hamas auf Israel.

 

Die Politik versuche gerade, von ihren Versäumnissen abzulenken, ist Kauffmann überzeugt. „Es ist nicht die Schuld der Flüchtlinge, dass wir zu wenig Kitaplätze haben, die Krankenhäuser voll sind und es kaum bezahlbare Wohnungen gibt“, betont er und sieht dabei auch die Medien in der Verantwortung. In Talkshows würden zum Beispiel zu wenig Stimmen von Nichtregierungsorganisationen zu Wort kommen.

 

Jetzt gehe es darum, dass die Zivilgesellschaft Mitmensch-lichkeit und Solidarität zeigt, fordert der Menschenrechtler. Wie damals, 1992, als in vielen großen Städten als Reaktion auf rassistische Anschläge Hunderttausende mit Lichtern und Kerzen gegen Fremdenhass und Ausländerfeindlichkeit protestierten. Friedensgebete, Friedensfeste und Kundge-bungen wie zuletzt in Berlin hält Kauffmann für gute Ansätze. Auch die Kirche könne aktiver werden. Sich etwa mit Gewerk-schaften und lokalen Institutionen zusammentun und Zeichen setzen.

 

Kauffmann verweist auch auf die Erklärung von Pro Asyl , in der es heißt: „Diese rechtsstaatlich fragwürdigen Verschär-fungen rund um Abschiebungen sind schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte ohne jede Verhältnismäßigkeit“. Konkret nennen Kauffmann und Pro Asyl etwa das Recht auf Freiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung und das Recht auf Privatsphäre. Die von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vorgeschlagenen Maßnahmen sehen unter anderem vor, die Befugnisse der Polizei bei Durchsuchungen in Gemeinschaftsunterkünften zu erweitern.

 

(Quelle: evangelische-zeitung.de)


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