
„Wir sind heute hier, weil wir die Ukraine nicht
allein lassen! Weil wir Schulter an Schulter,
Herz an Herz stehen mit den Menschen in der
Ukraine, die sich gegen Putins grausamen
Vernichtungskrieg verteidigen müssen. Wir
sind hier, weil wir auch nach über Tausend
Tagen Krieg die Hoffnung nicht aufgeben, dass
ihr Land eine Zukunft in Freiheit und Frieden
hat. Wir sind viele. Wir sind hier, weil uns die
Ukraine nicht egal ist! Danke, dass ihr alle
gekommen seid!
Ich stehe nun hier und darf etwas sagen – und
doch fühlt sich das nicht ganz richtig an. Denn
ich lebe in Sicherheit. Ich habe noch nie Krieg
erleben müssen, Gott sei Dank. Was es über
diesen Krieg zu sagen gibt, dass sollten die
Ukrainerinnen und Ukrainer selbst erzählen.
Denn sie wissen, was es heißt, Todesangst zu
haben. Sie haben erleben müssen, wie ihre
Liebsten getötet werden. Sie wissen, was
Bombennächte bedeuten. Und was es heißt,
fliehen zu müssen. Oder an die Front zu gehen.
Sie wissen, wie man irgendwann die Luftalarm-
App deinstalliert, weil man einfach keine Kraft
mehr hat, sich jede Nacht im Keller zu
verstecken.
Ukrainerinnen und Ukrainer wissen all das und
noch viel mehr. Was sie uns erzählen, ist krass.
Es ist krass unvorstellbar. Und besonders krass
ist für mich die trotzige Hoffnung und
Zuversicht, die viele von ihnen haben, Schon
für mich ist es hart, in diesen Zeiten überhaupt
Zuversicht zu behalten: Wie hoffnungsstark
müssen sie sein: wenn Russland die Ukraine
brutaler beschießt, denn je; wenn der
ukrainische Präsident in seiner Not in
Washington noch gedemütigt wird; wenn
Amerikas Regierung sich auf die Seite von Putin
schlägt, die Ukraine erpresst? Wenn der Schutz
schirm für Millionen Menschen einfach
zugeklappt wird. Das ist kein Ruf nach Frieden,
das ist niederträchtig.
Europa muss, wir müssen verstehen, wieviel
auf dem Spiel steht – auch für uns, für uns alle.
Der Krieg ist nicht irgendwo, sondern bei uns.
Mitten in Europa. Auch unsere Sicherheit steht
auf dem Spiel. Die Verteidigung von
Demokratie und Freiheit, von Recht und
Selbstbestimmung hat ihren Preis. Kein
europäisches Land weiß besser als die Ukraine,
welches unermessliche Leid dazu gehört – und
zahlt diesen Preis dennoch. Auch für uns, weil
sie uns mitverteidigt.
Auch wenn diese Ahnung gerade bei vielen
Menschen wächst: Es gibt keine einfachen
Antworten und wir wissen auch nicht, was noch
alles kommt. Und doch ist es an der Politik jetzt
zu handeln, Allianzen zu stärken, schnell und
entschlossen. Es ist an uns, unsere Kontakte
und Netzwerke in Europa zu aktivieren,
zusammen zu stehen, für ein gemeinsames
Europa, indem wir uns in Solidarität
unterstützten, damit sich der Krieg nicht
unaufhaltsam weiter durch Europa und
Europas Köpfe fressen kann. Damit Putin
seinen Feldzug beenden muss. Damit Frieden,
ein gerechter Frieden endlich eine Chance
bekommt.
Es ist hart gerade, die Zuversicht zu behalten.
Und es ist unvorstellbar für mich, was diese
Tage für die Menschen in der Ukraine bedeuten
müssen. Trumps Amerika lässt die Ukraine im
Stich. Wir lassen sie nicht im Stich; auf uns soll
Verlass sein! Dafür stehen wir heute Abend
zusammen. Wir bleiben stabil.
Ich spreche hier für die evangelische Kirche. Wir
glauben an den Gott, der aus allem, auch aus
dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann
und will. Und der uns Christinnen und Christen
sagt: Geht mit denen, die eure Hilfe brauchen
und bleibt an ihrer Seite.
Deswegen schweigen wir nicht, wenn
Menschen angegriffen oder bedroht werden.
Deswegen geben wir die Hoffnung nicht auf,
dass die Ukraine eine Zukunft in Freiheit und
Frieden hat. Deswegen unterstützen wir als
Kirche humanitäre Hilfe in der Ukraine – und
helfen Flüchtlingen aus der Ukraine bei uns in
Deutschland.
Und deswegen bete ich: Gott, zerbrich die
Kanonen der Skrupellosen. Lass die Tage der
Macht der Despoten kurz und gezählt sein.
Berühre ihre Herzen, dass sie zum Frieden
umkehren. Bewahre die Bedrohten. Gib uns die
Kraft, dem Bösen entgegenzutreten. Und
schenke Frieden.
Amen."
(Quelle: ekd.de)